Stell dir vor, der Planet brennt und niemanden kümmert’s.
In Indonesien brennen Zehntausende Hektar Regenwald. Bei den seit Wochen andauernden Waldbränden in Sibirien wüten nach Angaben von Greenpeace derzeit Flammen auf einer Fläche von 5,4 Millionen Hektar. Das ist etwa so groß wie Baden-Württemberg und Hessen zusammen.
Im brasilianischen Amazonas-Gebiet wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren – und die Flammen erobern immer größere Gebiete und bedrohen außer Brasilien bereits weitere Amazons-Anrainerstaaten wie Bolivien. Derzeit kämen täglich mehr als 1.000 neue Brandherde dazu, so das staatliche Forschungsinstitut INPE. Pro Minute verbrennen drei Fußballfelder.
Erschreckender Fakt in diesem Zusammenhang: die aktuellen Brände in Amazonien sind nicht etwa die schlimmsten seit vielen Jahrzehnten. Nein, es sind die schlimmsten seit gerade mal sieben Jahren. Ein vergleichbares Inferno liegt noch gar nicht so lange zurück.
Und was entnahm man in den letzten Wochen den Medien hierzu? Wenig bis gar nichts. Nun allmählich kommt die Berichterstattung dazu in Gange. Nach Wochen. Oder sollte man sagen, nach Jahren?
Denn: Jedes Jahr brennen die grünen Lungen unseres Planeten ohne dass das große mediale Beachtung fände. Jahr für Jahr fallen hunderte Quadratkilometer Wald großen Feuern zum Opfer. Zu einem erheblichen Teil wegen illegaler Brandrodungen unter den Augen der lokalen Regierungen, aber unter Ausschluss der internationalen Öffentlichkeit mangels entsprechender Medienberichte.
Oder wären jemandem in den letzten Jahren reißerische Breaking News, Sonderberichterstattungen, Programmunterbrechungen und eine mediale Dramaturgie aufgefallen, wie man sie etwa bei dem Brand der Notre Dame Kathedrale erlebt hat?
Als ob es nicht völlig egal wäre, in welchem Jahr das Foto entstanden ist, mit dem man auf eine vergleichbar schlimme oder sogar noch schlimmere Katastrophe in der Gegenwart hinweist. Die deswegen geifernden Medien agieren doch oftmals genau so. Nennen das dann „Symbolbild“ oder „Archivbild“. Ist es nicht arg spitzfindig und scheinheilig auf nicht ganz brandaktuellen (sic!) Fotos herumzureiten? Mit solcherlei Boulevard kann man aber wunderbar von der eigentlichen Tragödie ablenken.
Wenn in Paris eine alte Kirche brennt, überschlagen sich die Medien regelrecht und schwerreiche Milliardärsfamilien können sich gar nicht großzügig genug gerieren und stellen zig Hunderte Millionen für den Wiederaufbau in Aussicht.
Wo sind diese exorbitanten Spenden für Löscharbeiten, Wiederaufforstung und Renaturierung der zerstörten Lungen unseres Heimatplaneten?
Wenn zigtausende Menschen, reich oder nicht, in kürzester Zeit so mir nichts dir nichts Abermillionen an Spendengeldern für ein Kirchenhaus aufbringen, während Umweltschutzorganisationen Jahr für Jahr um Spenden ringen müssen, dann darf, nein MUSS man das Wertegefüge der Menschheit hinterfragen.
80 Millionen Euro sind für Notre Dame bereits geflossen, in wenigen Monaten. Das entspricht schon beinah der Spendensumme, die im Gesamtjahr 2016 an WWF (35,6 Mio) und Greenpeace (55,9 Mio.) zusammen gegangen ist, im äußerst spendenfreudigen Deutschland. Aus anderen Ländern wie bspw. Frankreich fließen bei weitem nicht solche Beträge in die Unterstützung der weltgrößten und einflussreichsten Umweltschutzorganisationen.
Die massive Spendenbereitschaft für Notre Dame ist daher von symbolischer Bedeutung, weil es eine gesellschaftliche Haltung aufzeigt. Naturschutz scheint immer noch nicht primäres Anliegen zu sein. Lieber bauen wir eine alte Kirche wieder auf, das hat Priorität. Eine unfassbare Absurdität in meinen Augen.
Für mich symbolisiert das falsche Werte unserer Gesellschaft. Aus meiner Sicht ein menschlicher und moralischer Offenbarungseid, dass für ein einzelnes Gebäude 850 Millionen Euro Spenden zugesagt wurden. Für ein Bauwerk das den Dreck unter dem Fingernagel nicht wert sein wird, wenn uns die Luft zum Atmen ausgeht. Während Organisationen, die die grünen Lungen dieses Planeten vor illegaler Zerstörung schützen wollen, sich nicht nur gegen die brandschatzenden Profitgeier stellen müssen, sondern auch gegen Regierungen die diese Machenschaften billigen.
Was hätte es wohl für eine Symbolwirkung, wenn superreiche Milliardäre Hunderte von Millionen für Regenwaldprojekte zur Verfügung stellen würden, statt für einen Kirchenaufbau? Das wäre mal ein Zeichen an die Politik und Wirtschaft! Und auch an den „kleinen Mann“.
Setzen wir kleinen Männer Zeichen für das was uns wichtig ist:
https://aktion.campact.de/mercosur/amazonas/teilnehmen
https://www.wwf.de/spenden-helfen/fuer-ein-projekt-spenden/amazonas/
https://www.greenpeace.de/rettet-den-amazonas
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/18882.html
https://www.abenteuer-regenwald.de/regenwald-retten/alltagstipps
http://www.faszination-regenwald.de/info-center/regenwaldschutz/